Alterungsprozesse bei Starren
Endoskopen
4. Alterung des Beleuchtungssystems
5. Untersuchungen des optischen Systems
Starre Endoskope gelten gemeinhin als verschleißfrei
(schließlich nutzte sich die Lesebrille meiner Oma auch nicht ab,
obwohl mit der Brille etliche Jahre gelesen wurde). Die Annahme der Verschleißfreiheit
entspricht jedoch nicht der Erfahrung in der Praxis, nach der nach etlichen
Anwendungen und Sterilisationszyklen Beeinträchtigungen der Bildgüte
eintreten, die Instandhaltungmaßnahmen notwendig machen.
Vor diesem Hintergrund sollen der Aufbau der Endoskope,
Informationen aus Literatur und Normung mit einigen eigenen Erkenntnissen
ergänzt werden. Ein Prüfverfahren zur Bestimmung der wesentlichen
Parameter wird beschrieben.
Der grundsätzliche Aufbau einer Starren Optik (Laparoskop, 10 mm) ist in Bild 1 dargestellt.
Die Stablinsen des optischen Systems werden im inneren
Hüllrohr geführt und mit Distanzhülsen auf Abstand gehalten.
Das innere Hüllrohr ist distal mit dem Ablenkprisma abgeschlossen
(das u.a. die Blickrichtung bestimmt) und proximal mit dem Objektiv.
Es wird eingeschlossen von dem äußeren
Hüllrohr, in dem sich der Lichtleiter befindet, sowie der Lichtleitkabelanschluß
angeordnet ist. Dieses Teil wird distal von der Decklinse abgeschlossen,
proximal ist die Okularabdeckung angebracht. Eine der wesentlichen Eigenschaften
dieser Komponente ist u.a. die Abdichtung der inneren Teile gegenüber
eindringende Fremdstoffe.
2.1 Handhabung
Bei normaler und sachgerechter Handhabung werden
Starre Endoskope mechanischen Beanspruchungen unterworfen. So treten immer
Biege- und Quetschbelastungen auf, die sich aus den notwendigen Manipulationen
bei der Führung der Endoskope in den Schäften, z.B. bei notwendigen
Veränderungen des Blickwinkels auf das OP- Gebiet, resultieren.
Diese mechanischen Belastungen sind unkritisch, solange
sie so gering sind, daß keine Verformungen am Endoskop auftreten,
also die Eigenstabilität der Konstruktion (bestimmt durch Außendurchmesser,
Materialien, Querschnitte etc.) ausreicht, entstehende Kräfte aufzunehmen.
Darüber hinausgehende Belastungen führen
zu Verformungen des Endoskops. Die biegeinnere Seite wird gestaucht, die
biegeäußere Seite gestreckt. Für die Metallteile sind diese
Belastungen zunächst ebenfalls unkritisch. Sie nehmen ihre ursprüngliche
(gerade) Form wieder ein. Erst bei stärkeren Belastungen (mit Überschreitung
der Elastizitätsgrenze) treten hier plastische Verformungen auf. Diese
sind dann auch visuell am äußeren Hüllrohr nachweisbar.
Die Stablinsen im Inneren Hüllrohr sind aus
optischem Glas und tolerieren Biege- bzw. Druckbelastungen deutlich weniger
als Metall. Bei Biegebeanspruchung drücken die Abstandshülsen
infolge der Stauchung gegen die Ränder der Linsen. In der Folge können
Linsenbrüche auftreten, ausgehend vom Randbereich. Bei Biegebelastungen,
die in Bereichen erfolgen, in denen Linsen angeordnet sind, können
Querbrüche entstehen. Spätestens zu diesem Zeitpunkt ist der
Bereich der sachgerechten Nutzung verlassen.
2.2 Aufbereitung und Sterilisation
Während der Aufbereitungsprozeduren erfolgen
zusätzliche mechanische Belastungen durch die Maßnahmen zur
Vorreinigung (bürsten, spülen, waschen).
Bei Desinfektion und Sterilisation wirken chemische
und thermische Prozesse auf die Endoskope ein. Desinfektionsmittel sind
bestimmungsgemäß aggressiv gegen Bakterien und Viren. Diese
Aggressivität macht naturgemäß nicht vor anderen Materialien
halt, insofern treten Materialangriffe an den Oberflächen auf (vgl.:
"Vergleichende Untersuchungen zur Materialverträglichkeit ..., T.
Maier, Diplomarbeit FH Giessen, 12/96).
Bei der Sterilisation treten weitere Belastungen
infolge der Erwärmung (bei Gassterilisation auf 54°C bzw. bei
Dampfsterilisation auf 134 °C) auf, jeweils in Verbindung mit nenneswerten
Änderungen des umgebenden Luftdrucks. Die wesentlichen Bestandteile
Starrer Endoskope (Glas und gewöhnlich Edelstahl, selten Messing)
weisen sehr unterschiedliche Temperaturausdehnungskoeffizineten auf. Bei
Erwärmung kommt es zu hieraus resultierenden Materialspannungen (bei
untereinander verbundenen Komponenten, z.B. Decklinse zu Linseneinfassung,
Lichtleiter zum Schaft) bzw. zu Bewegungen untereinander (bei Komponenten,
die dies zulassen, z.B. Stablinsen zur Innenseite des Hüllrohrs).
Diese Einflüsse sind im wesentlichen von den
Temperaturbelastungen abhängig. In der Praxis ist daher ein Trend
dahingehend zu beobachten, Optiken wieder bevorzugt im Äthylenoxydgas,
also im niedrigeren Temperaturbereich, zu sterilisieren. Dieser Trend erfolgt
ungeachtet der Tatsache, daß sog. dampfsterilisierbare Optiken eine
nennenswerte Marktdurchdringung erreicht haben und fast überall verfügbar
sind. Er wird im wesentlichen von der Frage bestimmt, ob ein Verfahren
zur Sterilisierung im niedrigeren Temperaturberich verfügbar ist oder
nicht.
Die normativen Vorgaben Starrer Endoskope sind in DIN 58 105 beschrieben. Anforderungen an die Sterilisationsresistenz in dieser Norm von 12/86 lauten:
"Die Püflinge sind .... einem Sterilisationsvorgang
... bei einer Temperatur von 134°C über 8 Minuten ausgesetzt.
.... Im Anschluß ... wird visuell überprüft und kontrolliert,
ob Korrosionserscheinungen sichtbar sind."
Diese Festlegung kann m.E. unkommentiert bleiben.
In der internationalen Normung gibt es eine Fundstelle,
an der zur Haltbarkeit eines Produktes unter Sterilisationsbedingungen
eine nach meiner Einschätzung befriedigende Aussage getroffen wird.
In ISO 7785-1 ist für Dental Handpieces (High-speed air turbine handpieces)
festgelegt, daß diese sterilisierbar sein sollten und auch so bezeichnet
werden dürfen, wenn sie 250 Zyklen des vom Hersteller vorgegebenen
Verfahrens überstehen, ohne die Mindestanforderungen der ISO 7785-1
zu unterschreiten. Diese Festlegung ist praxisgerecht.
4. Alterung
des Beleuchtungssystems
Das Verhalten von Kaltlichtkabeln unter dem Einfluß
der Sterilisation ist aus Laborversuchen bekannt.
Bei einem bekannten Versuch sind Kabel gleicher Produktion
zu drei verschiedenen Losen zusammengefaßt worden und wiederholten
Sterilisationszyklen im Dampf unterzogen worden. Die einzelnen Lose wurden
unterschiedlich behandelt: Los 1 wurde an beiden Kabelenden zwischen den
Sterilisationszyklen mit Alkohol gereinigt. Los 2 wurde lediglich auf der
Lichtquellenseite gereinigt und Los 3 wurde ohne besondere Reinigungsmaßnahmen
der Kabelenden sterilisiert.
Die Lose wurden mehrere hundert mal sterilisiert
und periodisch die Transmission (übertragene Lichtleistung) der Kabel
gemessen.
Das Los, bei dem Ein- und Auskoppelseite mit Aceton
gereinigt wurden, zeigten nach ca. 500 Zyklen eine Transmissionsleistung
von noch immer ca. 80% der Leistung des neuen Kabels (vgl. Bild 2). Die
anderen beiden Lose zeigten bereits nach ca. 25 Zyklen einen Transmissionsabfall
auf einen Wert zwischen 40 und 60% der ursprünglichen Leistung.
Ein wesentliches Nebenergebnis dieser Versuchsreihe
war, daß alle so behandelten Lichtleitkabel an den Enden nachgeschliffen
werden konnten, und anschließend wieder Transmissionsleistungen erreichten,
die nahe den Ausgangswerten lagen.
Wie zu erwarten, wirkten die Reinigungsmaßnahmen
deutlich lebensdauerverlängernd, worauf in den Aufbereitungsanweisungen
der Hersteller auch hingewiesen wird.
Es lässt sich jedoch ebenso ablesen, daß mit zunehmender Anzahl durchgeführter Sterilisationen ein Nachlassen der Transmission einhergeht. Dieser ist bereits unter den Bedingungen des Laborversuchs (keine mechanischen Manipulationen, kein Einfluß aus den Einwirkungen der Desisinfektionsmittel, kein Handschweiß auf den Flächen, kein Einbrennen von Verunreinigungen durch die Wärmeentwicklung beim Betrieb²) signifikant.
²: Nach einer Faustformel gilt,
daß jeder Lichtübergang (Lichtquelle-Kabel, Kabel-Endoskop)
einen Verlust von ca. 20% der Lichtleistung verursacht. Diese Verluste
werden in Wärme umgesetzt, wodurch vorliegende Verschmutzungen fester
anhaften werden, als in dem skizzierten Laborversuch.
Zusätzlich kann aus diesen Ergebnissen geschlossen
werden, daß durch die Sterilisationsmaßnahmen Ablagerungen
auf den äußeren Oberflächen stattfinden.
Bei Starren Endoskopen sind diese Ergebnisse voll
auf den Beleuchtungsteil übertragbar. Die distal verfügbare Lichtmenge
nimmt mit zunehmender Anzahl Sterilisationsvorgänge ab. Der Sichtbereich
wird geringer ausgeleuchtet, das Bild erscheint trübe.
Für die anderen äußeren optischen
Komponenten liegt der Schluß nahe, daß auch hier Ablagerungen
stattfinden.
5. Untersuchungen
des optischen Systems
Seit kurzem sind Prüfvorrichtungen auf dem Markt,
die es erlauben, das Optische System der Endoskope zu untersuchen.
Damit besteht neuerdings auch außerhalb der
Herstellerorganisationen die Möglichkeit, Verunreinigungen nachzuweisen
und zu dokumentieren. Als zusätzlicher Nutzeffekt lassen sich Linsenbrüche
nachweisen bzw. ausschließen, was unmittelbare wirtschaftliche Vorteile
im Reparaturfall bedeuten kann. In jedem Fall werden jedoch Kontrollmöglichkeiten
der Reparaturdienstleister eröffnet.
Bei dem Verfahren mit dem Lupenrohr (vgl. Bild 3)
wird eine zusätzliche Sammellinse vor das Endoskop gebracht, die in
Verbindung mit der oder den objektivseitigen Linsen des Endoskops einen
Brennpunkt im Inneren des Optischen Systems bildet. Durch Variation des
Abstands zwischen Sammellinse zu Objektiv kann auf unterschiedliche Ebenen
innerhalb des Optischen Systems fokussiert werden.
Untersucht man Optiken verschiedenen Alters, bzw.
verfolgt man die Entwicklung einzelner Optiken über ihre Lebenszeit,
stellt man eine stetige Zunahme an Partikeln im Inneren der Optik fest.
Diese Partikel sind teils lose, teils an den Linsenoberflächen anhaftend
(vgl. Bild 4).
Bild 3: Endoskop in Prüfvorrichtung
Lupenrohr
Ein Modell zur Erklärung der Herkunft der Partikel
geht von Abrieb aus. Durch die unterschiedlichen Ausdehnungskoeffizienten
von Glas und Metall (Linsen und Hüllrohr) kommt es zu Verschiebungen
der Einzelteile zueinander. Die Stablinsen können bei diesen Bewegungen
Material von der Innenseite des Hüllrohres abtragen.
Bild 4: Lose und feste Partikel im optischen System |
Weiterhin kann man mit dem Lupenrohr Veränderungen
in den Kitten der Stablinsen nachweisen. Stablinsen bestehen in der Regel
aus mehreren Linsen verschiedener Glassorten mit aufeinander abgestimmten
Formen und Brechungseigenschaften. Diese Teile sind mit Kitten untereinander
verbunden, die initial klar sind. Im Laufe der Betriebszeit verfärben
sich die Kitte jedoch, was zu einer Farbverschiebung im sichtbaren Bild
führt.
Verfärbungsprozesse gehen gewöhnlich vom Randbereich aus. |
Bild 5: Schlieren auf der Linsenoberfläche des optischen Systems (Vermutlich Rückstände der Kitte). |
Ein extremes (weil großflächiges) Beispiel für die negativen Auswirkungen verfärbter Kitte zeigt Bild 5. Diese Optik ist nach etwa 15 Anwendungen wegen einer partiellen Eintrübung bemängelt worden. Bild 5 zeigt deutlich, daß bei dieser Optik Verschmutzungen auf der Linsenoberfläche vorliegen, die als fertigungsbedingte Rückstände interpretiert werden. Die Verschmutzungen wurden zu Beginn der Lebenszeit dieser Optik nicht bemerkt. Im weiteren Verlauf wurden sie immer deutlicher, bis sie zur Aussonderung und Instandsetzung der Optik führten. Dies war bereits nach wenigen Anwendungen notwendig. |
Zur quantitativen Bestimmung des Eintrübungsgrades
ist ein Gerät zur Messung des Transmissionsgrades verfügbar.
Hierbei wird distal über einen Adapter Licht eingespeist und proximal
die austretende Lichtmenge gemessen. Lichtverluste sind zunächst typspezifisch
als Referenzwert zu bestimmen. Darauf aufbauend können zunehmende
Verluste relativ genau gemessen werden.
Es treten bei Starren Optiken auch bei sachgerechter
Handhabung Veränderungen während der Betriebszeit auf, welche
die optische Qualität nennenswert beeinträchtigen.
Die Transmissionsleistung der Lichtleiter nimmt mit
zunehmender Anzahl Sterilisationszyklen ab, wobei dieser Prozeß durch
regelmäßige Reinigungsmaßnahmen der Endflächen deutlich
verlangsamt werden kann.
Beim Optischen System sind in erster Linie Eintrübungen
der Linsen als Folge der Anlagerung von Partikeln als Alterungseinfluß
zu erkennen. Zusätzlich sind teilweise Veränderungen der Kitte
zu beobachten, die sich verfärben und ebenfalls zu Eintrübungen
führen. Diese Einflüsse lassen sich visuell (Lupenrohr) bzw.
meßtechnisch (Verfahren zur Transmissionsmessung) nachweisen.
Durch diese Alterungseinflüsse werden wesentliche
Parameter der Bildqualität, insbesondere Transmission, Schärfe
und Kontrast vermindert. Ehemals brillante Bilder werden milchig und trübe.
Es ist anzuraten, laufende Kontrollen zur Qualität
der Endoskope durchzuführen und das Verhalten des eigenen Ausrüstung
über die Betriebszeit zu beobachten.
Neulieferungen bzw. Endoskope nach Reparatur sollten
kontrolliert und auf Qualitätsmängel untersucht werden. Die hierzu
verfügbaren Werkzeuge wurden beschrieben.
Über den Verfasser:
Dipl. Ing. Claus Hilger
Keuloserstr. 75
36093 Künzell
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